Seit die Polizei meine Grafikabteilung in der Südsee hochgenommen hat und ich in meiner Bewährungszeit über Signaturen und Prüfsiegel berichten soll, hat es vor meinem Fenster zu regnen begonnen. Statt auf Palmen blicke ich nur noch auf eine dunkle Tanne. Eigentlich blöd, denn …
… die Idee war super. Das bestätigte sich schon nach Ablauf des ersten Jahres, als meine Unternehmung bereits schwarze Zahlen schrieb. Der Gewinn ermöglichte es mir mit meinem kleinen Kreativteam eine Büroetage in der Südsee zu beziehen. Die Farben waren fantastisch und die Stimmung ungebrochen gut. Tag und Nacht bastelten und entwarfen wir und verfügten bald schon über ein breites Sortiment hübscher und schnuckeliger Prüfsiegel. Die meist verkauften Botschaften waren:
-Inhalt vom BND geprüft
-Bauanleitung von der NSA freigegeben
-Rezept medizinisch getestet
-Kaufvertrag rechtsanwaltlich beglaubigt
-Geldtransfer vom BKA genehmigt
-Bilder vom Familienministerium freigegeben
Die Seiten von BND, BKA und NSA waren fix nachgebaut und eben so geschickt hatten wir für die Domainnamen passende Variationen gefunden, wie bunadi, bukra oder nasarg. Dass im Logo statt des Adlers eine goldene Taube abgebildet war, hatte keiner unserer Kunden je bemerkt. Auch andere unscheinbare Abwandlungen waren nicht weiter aufgefallen. Die wenigen Nachfragen, ob der Glaubwürdigkeit unserer Prüfsiegel, waren immer sehr souverän von Ted beantwortet worden. Überhaupt wären wir ohne Ted schon viel früher aufgeflogen.
Ted hatte ich völlig niedergeschlagen nach einer nicht bestandenen Schauspielprüfung aufgelesen. Es war seine letzte von einem guten Dutzend Aufnahmeprüfungen gewesen, die der attraktive, junge Mann nicht bestanden hatte. Angeblich habe er in der Rolle des Romeos nicht genug Verzweiflung transportiert. Auch ich fand, dass er besser auf eine Südseeinsel als auf eine Bühne passte und bot ihm auf der von mir gewählten Insel die Rollen des Anwalts, Polizisten, Arztes und Staatssekretärs an. Begeistert willigte er ein und überzeugte von seinem Engagement sogleich mehr euphorisch als bei Verstand auch den Praktikanten beim Kostümfundus. So kam er mit einer Anwaltskutte, einem Medizinkittel, einer Polizeiuniform und einem schwarzen Anzug nach auf meine Insel, wo wir bei entsprechenden Nachfragen einen charmanten jungen Mann im passenden Kostüm präsentierten.
Besonders beliebt waren die Prüfsiegel unserer Bundesfamilie. Kaum dass wir sie im Sortiment führten, wurden sie von diversen Pornoanbietern bei uns bestellt. Nach langem Hin und Her hatten wir uns auf den Slogan „Mann darf“ geeinigt, wobei wir ausdrücklich nur für legale Bilder warben. Jedenfalls sah unsere Bundesfamilie das anders, als sie mal wieder im staatlichen Auftrag online unterwegs war und vor lauter Schreck verbot, was bei den Privatsendern im Fernsehen nach 24 Uhr Gang und Gebe ist. Vielleicht gehen aber auch alle immer spätestens um 22 Uhr ins Bett und wissen nichts von Spätkauf.
Sicher, ich hatte es zu weit getrieben und deshalb sitze ich nun auch wieder im Berliner Regen. Der Sinn von Siegeln und wie man sie als User überprüfen kann, das ist gar nicht so einfach zu durchschauen. Deshalb bietet das Thema viel Potenzial für Missbrauch oder für einfach bloß unglaubliche Geschichten. Auch unglaublich aber leider gespenstisch wahr ist, dass ab 2014 in GB Internetfilter eingeführt werden sollen: Sprachlosigkeit.
#claupfe